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AnGedacht

Kennen Sie das Lied „Wer nur den lieben Gott lässt walten…“? Es steht im Evang. Gesangbuch unter der Nummer 369. Ich selbst habe es vor Jahren als eines der Lieblingslieder von den Seniorinnen und Senioren in unserer Gemeinde erst wirklich kennengelernt. Doch geschrieben wurde es einst von einem gerade einmal 20 Jahre alten jungen Mann. Georg Neumark wollte 1640 zum Studium nach Königsberg. In jenen Zeiten des dreißigjährigen Kriegs ein nicht ungefährliches Vorhaben. Der Tross, dem er sich mit allem, was er besaß angeschlossen hatte, wurde auf dem Weg von Thüringen nach Ostpreußen überfallen. Er kam dennoch mit dem Leben davon, musste sich aber alleine weiter durchschlagen. Er fand keine Bleibe und kam schließlich nach Kiel, nur mit dem, was er auf dem Leib trug.

Dort wurde er in einem Pfarrhaus aufgenommen und erhielt sogar kurze Zeit später eine Stelle als Hauslehrer. Damit hatte er ein Dach über dem Kopf, zu Essen und ein bisschen Einkommen.

An jenem Tag, an dem er die Lehrerstelle erhielt, dichtete er dieses Lied „Wer nur den lieben Gott lässt walten…“.

Drei Jahre nach seinem Versuch Königsberg zu erreichen, versuchte er es neu und war erfolgreich. Er studiert Jura und widmete sich weiter der Poesie und der Musik.

Nach seinem erfolgreich abgeschlossenen Studium kehrt er nach Thüringen zurück und arbeitet viele Jahrzehnte am Hof in Weimar. Unter anderem war er Bibliotheksdirektor der Bibliothek, die heute unter dem Namen Herzogin Amalia bekannt ist. Der Erstdruck des Liedes „Wer nur den lieben Gott lässt walten…“ von Georg Neumark ist leider wie viele andere alten Dokumenten bei dem verheerenden Brand von 2004 mit verbrannt.

Das Lied und sein Text sind aber geblieben und es wurde bis in

unsere Zeit immer wieder vertont, bearbeitet und in Teilen aufgenommen. Allein Johann Sebastian Bach hat Teile davon in sieben Kantaten aufgenommen. Mendelssohn-Bartholdy, Brahms und Schumann haben es ebenso aufgenommen wie der 2002 erschienene Kinofilm „Vaya con dios.“

Es steht inzwischen sowohl im Stammteil des Evangelischen Gesangbuchs, dem aktuellen römisch-katholischen Gotteslob, wie in vielen anderen Gesangbüchern anderer Konfessionen.

„Gott walten lassen“ mit diesem Beginn nimmt das Lied auf, wie Martin Luther seinen Morgensegen beginnt „Das walte Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.“ Und knüpft damit es an jenes reformatorische Grundvertrauen an, dass Gott es gut mit unserem Leben meint und dass wir uns ihm absolut anvertrauen dürfen und können trotz aller Zweifel und Ängste, die einem gerade in diesen Tagen besonders bewegen. Und trotz aller Erfahrungen, wo man vielleicht auch vergeblich gehofft hat, dass Gott es nun fügt, so wie man es sich vorgestellt hat.

Doch zum Vertrauen auf Gott gehört auch, dass man nicht aufgibt, wenn das Leben sich nicht so entwickelt, wie man es sich gewünscht, erhofft hat, sondern vertrauensvoll sich neu auf den Weg macht, etwas neu versucht, aber jetzt auf andere Weise. Ja, dass man eben auch mit einem kreativen Gott rechnet. Hoffnung hat wider alle scheinbare Hoffnungslosigkeit.

So soll man auch nach Georg Neumarks Vorstellung nicht beim Singen und Beten stehen bleiben, sondern auch gehen wie er es in der letzten Strophe formuliert „Sing, bet und geh…“:

Mit dem Auftrag, den uns Gott für diese Welt gegeben hat: Gehen, singend und betend Hoffnung in der Welt bezeugen, und das eben auch immer wieder neu und kreativ mit Wort, Musik und Tat. So wie wir es gerade in diesen Tagen erleben mit vielen Worten des Zuspruchs, Balkonkonzerten und unermüdlichem Engagement all jener, die für unseren Schutz, Pflege und Versorgung sind!

Eröffnen sich auch in diesen Tagen bei allem Schweren neue Perspektiven, Ideen, solidarisches Miteinander -auch in zwei Meter Distanz. Geht Gott immer wieder neu kreative Wege.

Und sind jene Zeiten der Stille doch auch sichtlich unverzichtbar, um zu erkennen, welche Möglichkeiten des Lebens es noch gibt.

Vertrauen wir mit dem heutigen Losungstext: „Gott, du bist's allein, du hast gemacht den Himmel und aller Himmel mit ihrem ganzen Heer, die Erde und alles, was darauf ist, die Meere und alles, was darinnen ist." (Neh. 9,6) – Gott hält die Welt in seiner Hand und nicht der Corona-Virus.

Teilen wir Georg Neumarks Vertrauen und sind wir gespannt welch kreative Wege Gottes uns diese Woche begegnen:

1. Wer nur den lieben Gott lässt walten/ und hoffet auf ihn allezeit,/ den wird er wunderbar erhalten/ in aller Not und Traurigkeit./ Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut, / er hat auf keinen Sand gebaut.

2. Was helfen uns die schweren Sorgen,/ was hilft uns unser Weh und Ach?/ Was hilft es, dass wir alle Morgen/ beseufzen unser Ungemach?/ Wir machen unser Kreuz und Leid/ nur größer durch die Traurigkeit.

7. Sing, bet und geh auf Gottes Wegen,/ verricht das Deine nur getreu/ und trau des Himmels reichem Segen,/ so wird er bei dir werden neu; / denn welcher seine Zuversicht/ auf Gott setzt, den verlässt er nicht.

(EG 369 T + M: Georg Neumark (1641) 1657)

 

Pfrin. Heike Zick-Kuchinke

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